Einigung zwischen West Side Story – Ensemble und der KBB Kultur-Betriebe Burgenland GmbH nach „Fair Play“ – Protestaktion bei den Seefestspielen Mörbisch 2021

Mörbisch (OTS)- „Was lange währt, wird endlich gut“: gemeinsame Anstrengungen des international besetzten Ensembles der West Side Story-Produktion und der KBB Kultur-Betriebe Burgenland GmbH (KBB) führten nun zu einem nachhaltigen Ergebnis. Die Auseinandersetzungen begannen bereits im Pandemiejahr 2020 und spitzten sich im Sommer 2021 zu, als es zum Protest auf offener Bühne kam.

Absage 2020

Nach der Entscheidung der KBB (wie auch die Arenaria – Oper im Steinbruch) im März 2020, den gesamten Festivalsommer 2020 abzusagen und auf 2021 zu verschieben, wurden die Ensemblemitglieder vor die Wahl gestellt, entweder auf Kompensation oder Ausstellung eines Neuvertrages 2021 zu verzichten. Die allermeisten des 50-köpfigen Ensembles entschieden, das nicht zu akzeptieren und bestimmten den Schauspieler Heinz-Arthur Boltuch, zunächst Vermittlungsbemühungen in ihrem Namen zu starten.

In einem mehr als einjährigen Verhandlungsprozess, den die Verantwortlichen in Mörbisch wiederholt durch inakzeptable Vertragsvarianten verzögerten, konnten mit rechtlichem Beistand von Georg Streit (Rechtsanwaltskanzlei Höhne, In der Maur und Partner) Kompensationszahlungen für 2020 und eindeutig formulierte Änderungsverträge für 2021 erreicht werden. Arbeiterkammer und Gewerkschaft „younion“ lehnten im Vorfeld Beratung und Unterstützung ab.

Protestaktion „FAIR PLAY“

Im Sommer 2021 verschlechterte sich das bereits erschütterte Vertrauensverhältnis zwischen Festivalleitung und Ensemble zusehends, zunächst wegen nicht angemessener Arbeitsbedingungen, dann wegen des respektlosen Umgangs bezüglich der zwei optionalen Zusatzvorstellungen. Dass sie stattfinden sollten, erfuhr das Ensemble kurzfristig aus den Medien und bestand daraufhin auf Abgeltung, wie auf Bezahlung einer öffentlichen Generalprobe.

Festspielgeschäftsführer Herbert Posteiner, Intendant Peter Edelmann und der neue Generalintendant Alfons Haider gaben sich unbeeindruckt; erst als sie Zusatzvorstellungen mit 6000 zahlenden Gästen bedroht sahen, beschwichtigten sie das Ensemble mit der Ankündigung, eine Stellungnahme abzugeben und eine Einigung über die Abgeltung der Zusatzshows anzustreben. Nichts davon fand statt; beim Schlussapplaus machte die Produktion deshalb mit dem Banner FAIR P(L)AY auf die Situation aufmerksam – nicht zuletzt, um einer breiteren öffentlichen Diskussion Nachdruck zu verleihen.

Vermittlung durch art but fair international

Inzwischen schaltete sich art but fair international ein und betraute die erfahrene Spezialistin Angelika Wild mit dieser Angelegenheit. Der international agierende Verein setzt sich seit 2013 für angemessene Gagen und faire Arbeitsbedingungen in der Darstellenden Kunst und Musik ein. Daraufhin kam es Ende November 2021 gemeinsam mit Rechtsanwalt Georg Streit zu einer Aussprache bei Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der sich mit dem Rechtsvertreter der KBB, Johannes Zink, zu den Umständen selbst ein Bild machen wollte.

Doskozil betonte, dass das Land Burgenland wie art but fair international die hier exemplarisch sichtbaren Missstände in der Kultur beseitigen will: dass Angst vor Jobverlust und mangelnde Solidarität schlechte Arbeitsbedingungen begünstigen. Anders als meist üblich, wagten die Betroffenen, für sich und nachfolgende Kolleginnen und Kollegen Fairness einzufordern. Es ging ihnen um mehr als Vertragsbestandteile und Gagenforderungen: es ging um Anerkennung der Leistungen und Anstand in der Kunst.

Einigung und Zukunftsaussichten

Einige Wochen danach gelang tatsächlich eine Einigung. Die Gehaltsauszahlungen erfolgten im Februar 2022 an alle Ensemblemitglieder gleichermaßen, unabhängig davon, dass einzelne Ensemblemitglieder keine Forderungen geltend gemacht hatten.

Darüber hinaus erhielt art but fair international die Zusage, dass die kritisierten Arbeitsbedingungen bei den Seefestspielen Mörbisch verbessert werden: so soll es in Zukunft beispielsweise Verpflegung geben und Unterkünfte für die Gastkünstlerinnen und –künstler organisiert werden, Ruhezeiten sollen gewährleistet sein. Eine Ensemblevertretung soll etabliert und ein Prozess der Zertifizierung nach ISO for Culture demnächst eingeleitet werden. Fortschrittsgespräche werden in periodischen Abständen fortgesetzt werden. Der Verein fordert, dass das Gehalt der Künstlerinnen und Künstler generell während des rund 5-wöchigen Probenzeitraums auf den Mindestlohn von rund 1.700,- Euro netto (2.400,- brutto), den das Land Burgenland im Juni 2021 in seinem Wirkungsbereich eingeführt hat, angehoben wird. An die Arbeiterkammer Burgenland und die Teilgewerkschaft „younion _ Die Daseinsgewerkschaft“ des ÖGB appelliert art but fair international, künftig ihrem Auftrag nachzukommen, sich für die Rechte ihrer Mitglieder einzusetzen.

Angelika Wild art but fair international für Österreich: „die moralischen Ansprüche, die auf der Bühne formuliert werden, stehen im Widerspruch zur realen künstlerischen Arbeitssituation in den Theaterbetrieben. Mangelhafte gesetzliche Vorgaben ermöglichen besonders willkürlichen Umgang mit Gastkünstlerinnen und Gastkünstlern, denen im Ernstfall nicht einmal die gesetzlichen Interessensvertretungen beistehen. Der Mut dieses Ensembles, Missstände aufzuzeigen, ist nicht hoch genug zu schätzen. Je mehr Betroffene in den Theatern aufstehen, desto eher wird respektvolles und verantwortliches Handeln zur Normalität.

Heinz-Arthur Boltuch, Schauspieler, Ensemblesprecher: „Wer für Gerechtigkeit eintreten will, braucht neben Nerven, Geduld auch einen juristischen Beistand, der eine künstlerliebende Ader hat, denn zweifellos wiegt der ideelle Nutzen der gemeinsamen Kraftanstrengung mehr als der finanzielle. Besonders wichtig ist mir, dass unsere Bemühungen nachhaltig wirken und die Seefestspiele Mörbisch ein guter Arbeitsplatz für die Kolleginnen und Kollegen werden.“

Rückfragen & Kontakt:

Heinz-Arthur Boltuch

Schauspieler, Ensemblesprecher West Side Story

Mobil: 06604111863

heinz-arthur@boltuch.at

Paul Schweinester

Opernsänger, Hauptrolle „Tony“ in der West Side Story 2021,

Mobil: 06507285663

paul.schweinester@gmail.com

Angelika Wild

art but fair international für Österreich

Mobil: 069911053122

angelika.wild@artbutfair.org

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