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Kunst braucht Gerechtigkeit – nicht nur Applaus

art but fair international e.V. löst sich auf – und hinterlässt eine Aufgabe für Kulturpolitik und Gesellschaft

Am 22. März 2025 hat sich der Verein art but fair international aufgelöst – mit einem Gefühl der Dankbarkeit, des Stolzes und der Verantwortung. Zehn Jahre lang war art but fair eine der lautesten und zugleich konstruktivsten Stimmen für faire Arbeitsbedingungen in Musik und darstellender Kunst. Entstanden aus einem digitalen Aufschrei gegen Ausbeutung in den sozialen Medien, entwickelte sich die Initiative zu einem Impulsgeber für einen nachhaltigen kulturpolitischen Wandel im deutschsprachigen Raum.

Gegründet wurde der Verein im Jahr 2013 von Johannes Maria Schatz – an seiner Seite von Anfang an die Mezzosopranistin Elisabeth Kulman, getragen von einem internationalen Netzwerk aus Künstlerinnen und Künstlern sowie Kulturschaffenden. Der damalige Aufruf zur „Revolution der Künstler“ war kein Selbstzweck, sondern Ausdruck tiefgreifender systemischer Missstände: Dumpinggagen, Machtmissbrauch, unsichere Lebensverhältnisse und fehlender Respekt gegenüber künstlerischer Arbeit.

Was folgte, war ein beispielloser Mobilisierungseffekt: Fernsehen, Radio und Printmedien griffen das Thema auf, Politik wurde wach, Institutionen gerieten in Bewegung. Aus den „Goldenen Regeln künstlerischen Schaffens“ entstand eine Bewegung der freiwilligen Selbstverpflichtungen. 2016 mündete sie in der von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie „Faire Arbeitsbedingungen in den Darstellenden Künsten und der Musik?!“ von Maximilian Norz – dem ersten umfassenden empirischen Lagebild zu den Arbeitsbedingungen im Kulturbetrieb.

art but fair brachte nicht nur Probleme zur Sprache, sondern entwickelte Instrumente zur Veränderung: Forderungen nach einem fairen Gütesiegel und Mindestgagen, kulturpolitische Empfehlungen, Plattformen der Transparenz. In der Hochphase 2018 wurde der Verein zu einer wichtigen Stimme innerhalb der #MeToo-Debatte. In Medien wie Die Zeit, Der Spiegel, Der Standard, Cicero – aber auch in politischen Gremien wie der Kultusministerkonferenz oder dem Kulturausschuss des Deutschen Bundestages – war die Initiative präsent, wo es um Machtmissbrauch, Arbeitsbedingungen und Menschlichkeit auf Bühnen ging.

Dass art but fair nun, beinahe zwölf Jahre später, seine Arbeit beendet, ist ein Zeichen der Wirkung: Denn durch art but fair sind zahlreiche neue Interessenvertretungen in den Einzelsparten der Kunst entstanden – differenziert, spezialisiert, mit langem Atem. Der Diskurs über Macht, Gagen, Verantwortung und Solidarität ist angekommen – in den Ensembles, in der Politik, in der Gesellschaft.

Wir danken allen, die mit uns gestritten, gelitten, gelacht und gestaltet haben:
unserer Mitstreiterin Elisabeth Kulman, den Vorständen Stefanie Frauwallner, Stephanie Gräve, Sören Fenner, Daniel Ris, Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, in der Schweiz Julia Schiwowa, in Österreich Angelika Wild, Monika Steiner, Christian Sist, unserer langjährigen Mitgliederverwalterin Mandy-Marie Mahrenholz – und den vielen, vielen anderen, die uns unterstützt und mitgekämpft haben.

Am Ende bleibt ein Appell:
Faire Kunst ist kein Luxus – sie ist die Voraussetzung für kulturelle Lebendigkeit.
Wer Kunst will, muss Arbeitsbedingungen schaffen, in denen Kunst entstehen kann.
Angemessene Vergütung. Mitbestimmung. Respekt.
Das sind keine Extras. Das ist das Fundament.

Die Arbeit von art but fair international e.V. endet, der Weckruf hallt nach.