David gegen Goliath – Eine Reise nach Darmstadt

Mitten in Deutschland sitzt ein Künstler vor einem Staatstheater im Hungerstreik – und irgendwie scheint es die Verantwortlichen nicht wirklich zu interessieren

Ein Reisebericht von Johannes Maria Schatz, Vorsitzender von art but fair Deutschland

Mittwoch, 16.04.2014

12:37 Typisch Johannes, denke ich mir. Das wird wieder mal knapp. Ich bestelle mir rasch ein Taxi.

12:57 Der ICE hat – Gott sei Dank – fünf Minuten Verspätung. Hat ja manchmal auch etwas Gutes! So bekomme ich noch den Zug nach Frankfurt.

13:01 Per Email und SMS verständige ich die Presse vor Ort. Auch mit einem dpa-Vertreter und einer RTL Journalistin habe ich telefoniert. Der öffentliche Druck muss scheinbar noch größer werden, damit sich etwas an dieser verfahrenen Situation ändert!

13:07 Ich verständige László per SMS, dass ich komme. Er antwortet mir: „Dear Johannes, really thanks. I hope you don’t have to change your program because of me. And I would like to pay your trip.“ Was für ein respektables Angebot, denke ich mir. Wird aber nicht notwendig sein.

13:26 Jeanne schreibt mir (Elisabeth Kulman und ich nennen uns intern nur Jeanne und Robin, weil uns die Presse mal als Jeanne d’Arc und Robin Hood der deutschsprachigen Künstlerszene bezeichnet hat). Sie hat versucht einen Termin für mich bei dem Intendanten des Staatstheaters zu erhalten. Herr Dew sei in den Proben. Man würde sich direkt bei mir melden. Dann bin ich mal gespannt!

13:44 Der Kölner Dom kommt in Sicht. Ich rekapituliere unsere Bemühungen der letzten drei Tage. Die Dienstherren des Staatstheaters, das Ministerium in Wiesbaden, sowie der Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt, Jochen Partsch, haben nicht einmal auf unsere Emails reagiert. Die beiden Gewerkschaften GDBA und VdO haben wir ebenfalls gebeten, zu vermitteln. Hier kamen zwei schnelle und deutliche „NEIN“. Wir werden uns nicht einmischen. Schade! Auch den Deutschen Bühnenverein haben wir um Hilfe gebeten. Herr Bolwin versprach, sich bei dem Theater über die näheren Umstände zu erkundigen, was – wie ich später erfuhr – auch tatsächlich stattgefunden hat. Unsere Email an Herrn Dew wurde durch die Pressestelle zwar beantwortet, allerdings nur mit einer älteren Pressemitteilung. Wie die Situation aus der Welt zu schaffen sei? Kein Wort dazu.

14:03 Ich lese mir den Prüfbericht aus dem Jahr 2012 nochmals durch, der uns inzwischen vorliegt. Auch damals schon ging es um Mobbingvorwürfe im Haus. Der damalige Prüfer, Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, schreibt von „einer deutlich spürbaren Atmosphäre des Misstrauens und der Angst“ im Haus, wie er sie – „trotz Erlebens mancher Theaterkrise – in seinem mehr als 30-jährigen Berufsleben als Kulturmanager noch nicht erlebt habe“. Nur Zufall, dass sich die Vorwürfe jetzt wiederholen?

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14:26 Strahlend blaues Wetter und die Fahrt entlang des Rheins. Außen Idylle pur. Das will so gar nicht zu den Vorwürfen passen, die László erhebt: verheimlichte Unfälle, gefälschte Protokolle, Urheberrechtsverstöße, Betrug, Täuschung, Nötigung, Mobbing. Nur eine verletzte und enttäuschte Künstlerseele?

14:53 Die Mosel fließt in den Rhein – Koblenz. Was kann ich, was kann art but fair tun, frage ich mich immer wieder. Auf jeden Fall möchte ich erreichen, dass László wieder zu essen beginnt! Seltsames Ansinnen eines Theologen in der Karwoche, schmunzle ich etwas. In diesem Falle aber höchst wichtig!

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14:55 Menschen gibt’s! Reißt der Herr in den geschätzten 50ern das Abteil auf, sagt kein Wort des Grußes, macht sich breit und fängt doch tatsächlich an zu pfeifen. Das überfordert meine Toleranz dann doch um einiges: „Schön, dass Sie gute Laune haben! Aber sicherlich macht es Ihnen nichts aus, wenn Sie … ich betone genüsslich … IN GEDANKEN weiter trällern.“ Ein ungläubiger Blick. Aber dankenswerter Weise wieder Ruhe.

15:19 Noch hat sich niemand bei mir aus dem Staatstheater gemeldet. Im Übrigen stelle ich gerade fest, dass ich gar nicht über Frankfurt fahre, sondern über Mainz. Ist eindeutig auch die schönere Strecke.

15:51 Mainz. Raus aus dem ICE und rein in einen Regionalexpress bis nach Darmstadt. Wie immer ein Erlebnis höchsten Reisekomforts! Im Vorstand haben wir übrigens besprochen, dass wir auf gar keinen Fall die Eigenverantwortung der Beteiligten übernehmen werden.

16:02 In 20 Minuten komme ich in Darmstadt an. Ich bin schon sehr auf das persönliche Zusammentreffen mit László gespannt. Ich hoffe, es geht ihm gesundheitlich gut!

16:10 Jetzt hat mich das Theater telefonisch erreicht. Es bietet mir ein Treffen mit dem Intendanten John Dew, dem geschäftsführenden Direktor und dem Vorsitzenden des Personalrates um 17:30 Uhr an. Davor werde ich also eine Stunde Zeit haben, mich mit László zu unterhalten. Das klingt doch nicht schlecht!

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20:35 Ich sitze In der S-Bahn nach Frankfurt Süd, um noch einen ICE in Richtung Köln zu bekommen. Draußen ein wunderschönes Abendrot. Auch hier leider wieder ein Kontrast, der krasser nicht sein könnte. Was ist in den letzten vier Stunden geschehen? Während ich schreibe, wird es draußen dunkel. Rückblende:

16:35 Der Taxifahrer setzt mich direkt vor dem Staatstheater ab. Ich spreche ihn auf den hungerstreikenden Künstler an. Er weiß nichts davon. Wie auf den Bildern, die ich aus der Presse kenne, sitzt Lászlò auf einer Iso-Matte dort. Still. Gefasst. Eine Menge leere Wasserflaschen und ein großes Schild mit der Aufschrift „Hungerstreik“. Daneben ein DIN A4 Papier mit einer großen „20“. Mein Gastgeber breitet seinen Schlafsack auf den Treppen aus und wir setzen uns. Wir kennen uns nicht. Wir haben uns noch nie gesehen oder gehört. Dennoch stellt sich bald eine Vertrautheit ein. Hager sieht er aus, und 10 Kilo hat er schätzungsweise verloren. Wir lernen uns kennen. Ich versuche, ihn zu verstehen. László ist kein durchgeknallter Spinner, kein Querulant, kein Hedonist. Er ist vollkommen klar, und ich verstehe, dass es ihm längst nicht mehr nur um „seinen Fall“ geht. Er sitzt im Grunde solidarisch für alle Tänzer und darstellenden Künstler dort. Da es etwas kühl wird, setzen wir uns in die Sonne. Ich versuche herauszufinden, was ihn zu einem Abbruch des Streiks bewegen könnte. Eine Abfindung? Eine Wieder-Einstellung? Eine Entschuldigung? Allein Letzteres hätte schon gereicht.

17:35 Noch bin ich guter Dinge. Jeanne simst mir noch schnell ein paar wichtige Infos zu den Persönlichkeiten, die mich erwarten. Gut eingespieltes Team, denke ich mir. Sie wünscht mir Toi toi toi! Während ich den Künstlereingang suche, kommt mir eine spontane Idee: Wie wäre es, wenn das Staatstheater mit anderen Trägern zusammen ein etwa halbjähriges Projekt für László auflegt, in dem er mit seiner langen Erfahrung als Tänzer und Choreograph alle bereits vorhandenen Sicherheitsbestimmungen an deutschen Stadt- und Staatstheatern zusammenträgt, auf deren praktische Tauglichkeit überprüft und auch einen Blick darauf wirft, welche beruflichen Perspektiven Tänzerinnen und Tänzer ab etwa 40 haben. Eine Finanzierung würde man sicherlich gemeinsam mit einer Stiftung, dem Ministerium und der Stadt hinbekommen.

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17:40 Ich werde von Florian Werkmeister, dem persönlichen Referenten des Intendanten, abgeholt. Der Empfang ist freundlich. Es geht durch die weiten Katakomben des Theaters. Im Büro des geschäftsführenden Direktors, Herrn Pelz, werde ich erwartet: Sehr unterkühlt Herr Dew, äußerlich offen Herr Pelz, freundlich auch der Vertreter des Personalrates, Herr Holz. Mir sitzen also vier Personen gegenüber. Florian protokolliert. Ich bedanke mich, dass eine so kurzfristige Zusammenkunft möglich gewesen sei. Herr Pelz macht jedoch gleich klar, dass er um 18:30 Uhr los müsse. Gut. Dann muss ich Gas geben. Ich erkläre, dass es mir nicht um die Beurteilung der Vorwürfe geht, sondern um eine Lösung der verfahrenen Situation, die meiner Meinung nach, der gesamten Theaterlandschaft schade, von Herrn Kocsis Gesundheit ganz zu schweigen. Völlig überrascht bin ich dann von dem Eingangsstatement der Herren: Ja, wenn sie nur wüssten, wieso ihr ehemaliges Ensemblemitglied da draußen säße. Dann, ja dann, würden sie auch gerne helfen. Sicherlich haben sie aber doch nach fast drei Wochen das Flugblatt von László gelesen? Haben sie natürlich, ja. Aber da sei ja so wenig wirklich Greifbares darunter. Man habe intern recherchiert. Nichts sei dabei heraus gekommen. Man wäre ja froh gewesen, wenn Herr Kocsis geklagt hätte. Dann könnte man all diese Vorwürfe endgültig aus der Welt schaffen. Ich versuche, mich nicht auf diese Diskussion einzulassen. Ich hatte László ebenfalls versucht klar zu machen, dass er den Rechtsweg beschreiten müsse, um alle Vorfälle von unabhängigen Gerichten klären zu lassen – wohl wissend wie schwer das sein würde ohne Rechtsschutzversicherung. Darum geht es heute aber nicht. Ich will einen Kompromiss, bei dem beide Parteien das Gesicht waren können. Also komme ich mit meinem oben beschriebenen Vorschlag. Zunächst scheine ich die Herren überrascht zu haben. Man lässt sich auf die Idee ein, vor allem von Seiten des Personalrates, wie mir scheint.

22:24 Köln Messe. Ein letztes mal Umsteigen in einen Regionalexpress nach Hagen. Ich stehe auf dem Bahnsteig und warte, rekapituliere nochmals das Gespräch. Wie formuliere ich das alles? Rückblende:

18:15 Ich stelle fest, dass keine Getränke oder Gläser auf dem Tisch stehen, also frage ich höflich, ob ich etwas aus meiner Wasserflasche trinken dürfe. Die habe ich offenbar zu heftig gerüttelt in den letzten Stunden. Es spritzt etwas. Florian reicht mir ein Tempo. Nur Wasser, sage ich und lächle. Das Wasser kann es nicht gewesen sein, aber die Stimmung kippt. Herr Dew meint, dass das ja wie ein Schuldeingeständnis aussähe. Im Übrigen: Wenn das Schule machen würde, säßen bald hunderte Künstler vor deutschen Theatern. Dann winkt er ab. Das ginge ihn aber eigentlich ohnehin nichts mehr an. In ein paar Wochen ende sein Vertrag. Herr Pelz legt nach: Ich wisse sicherlich, dass über 80 Personen wegen des Intendantenwechsels gekündigt worden seien. Die könnten dann ja auch auf die Idee kommen, einen Vertrag zu erzwingen. Ich sage: Herr Pelz, diese 80 sitzen aber nicht in einem Hungerstreik vor Ihrem Theater! Ja, wisse er, aber wieso eigentlich nicht? Wenn es wirklich so schlimm am Haus wäre, dann würden die doch schon längst ebenfalls aus Solidarität draußen sitzen. Ich wiederhole: Es geht mir nicht um die Vorwürfe. Es geht mir um einen Kompromiss. Das Wesen eines solchen sei eben, dass beide Parteien einen Schritt aufeinander zu machen müssten. Das Staatstheater müsse den Werkvertrag ja nicht einmal selbst unterzeichnen. Das könne man auch über eine Stiftung oder andere Organisation abwickeln. Es wird hin und her argumentiert. Herr Pelz steht auf. Er müsse sich wie angekündigt verabschieden. Ich insistiere darauf, wenigstens ein „ja, halten wir für einen gangbaren Weg, die Details müssen jedoch noch geklärt werden“ oder „nein“ zu erhalten. Herr Dew steht auch auf. Aus seiner Sicht, käme das nicht in Frage. Aber wie gesagt, es sei ohnehin nicht mehr in seiner Verantwortung. Und dann platzt es aus ihm heraus: Was da draußen vor seinem Theater geschehe, sei Erpressung! Mehr noch, es sei Terrorismus! Ich ziehe die Augen hoch und werde bitter ernst. Demonstrativ bleibe ich sitzen. Ob man mich allen Ernstes mit diesem Fazit wieder zu László schicken wolle, frage ich. Herr Pelz will sich dazu jetzt nicht äußern, er werde es sich überlegen. Herr Dew ist schon draußen. Er gibt mir nicht die Hand. Schnell stehe ich nur noch mit Florian und dem Personalrat da. Ich kann mich täuschen, aber ich meine, dass dieses Ende den beiden Verbliebenen peinlich ist. Ich solle doch berücksichtigen, dass die letzten Wochen nicht ohne persönliche Verletzungen vonstatten gegangen seien. Wir sprechen noch etwa eine Viertelstunde weiter. Morgen sei ja nochmal ein Gespräch zwischen Pelz, Holz, einem Journalisten und Herrn Kocsis. Davon weiß ich bereits von László. Vielleicht könne man da ja nochmal den Vorschlag aufgreifen. Auf eine Übernachtung war ich nicht vorbereitet. Außer den Klamotten, die ich an habe, packte ich heute Morgen nichts ein. Aber wenn es der Sache helfen sollte, dann würde ich selbstverständlich bleiben.

18:50 Auf dem Weg nach draußen begegnen wir noch Stefanie. So, Sie sind also der Herr Schatz, der den Reisebericht schreibt? Ich bejahe lächelnd. Die seien ganz schön tendenziös. Das habe seinen Grund, erkläre ich. Es hätten sich in den letzten Tagen viele Künstler per Email oder Telefon gemeldet, die László inhaltlich sehr wohl Recht geben. Ja, aber die Überschrift „Mitten in Deutschland sitzt ein Künstler vor einem Staatstheater im Hungerstreik – und irgendwie scheint es niemanden wirklich zu interessieren“ sei nicht richtig. Natürlich interessiere das sehr viele aus dem Ensemble! Aber ob ich denn eigentlich wisse, dass wegen des Intendantenwechsels … Ja, ich wisse, dass 86 Kündigungen ausgesprochen wurden. Über den Sinn und Unsinn des Prozederes eines Intendantenwechsels müsse sie mit mir nicht reden. Da renne sie offene Türen ein. Ja, aber ob ich mir denn nicht vorstellen könne, dass die Gekündigten gerade ganz andere Probleme hätten als den Hungerstreik? Doch, das kann ich mir vorstellen. Ich verspreche, das gerade zu biegen. Und ich habe auch tatsächlich den Eindruck (auch später als die Türen für eine Vorstellung aufgehen), dass sich die Menschen dort ihre Gedanken machen, sowohl Kolleginnen und Kollegen, als auch Publikum.

19:05 Ich gehe zu László zurück. Er hört sich gefasst an, wie das Gespräch verlaufen ist. Handfestes kann ich ihm nicht anbieten. Aber es gab zumindest auch kein „Nein“. Ich frage, ob er sich denn ein solches Projekt vorstellen könne. Er lächelt und sagt: Wenn es fair bezahlt wird. Ich lache. Auch da rennt er offene Scheunentore ein. Ich frage auch, ob er denn überhaupt wolle, dass ich morgen bei dem Gespräch dabei sei. Ja, natürlich. Es würde ihn sehr freuen! Er telefoniert sofort mit einem guten Freund, der mich für die Nacht aufnehmen könne.

19:07 Jeanne schickt mir eine neuerliche SMS mit ihrem ureigenen charmanten Duktus: „Erzähle!!“

19:08 Ich unterhalte mich weiter mit László.

19:28 Ich unterrichte Florian davon, dass ich hier übernachten würde. Er bietet mir an, sich um ein Hotel zu kümmern und einen Vorstellungsbesuch zu organisieren. Ich lehne dankend ab. Lieber würde ich mich mit Ensemblemitgliedern unterhalten. Die sind aber wohl größtenteils in Wiesbaden, oder haben frei. Dann soll es so sein. Ich gehe zurück zu László.

19:35 Das iPhone klingelt. Florian ist am Telefon. Leider müsse er mir mitteilen, dass ich an dem morgigen Gespräch doch nicht teilnehmen könne. Es ist ihm sehr unangenehm. Ich frage nach einem Grund. Es sei ein internes Gespräch. Mehr könne er nicht sagen. Schade, denke ich und teile es László mit. Das komme doch gar nicht in Frage! Er wünsche ausdrücklich meine Teilnahme. Er hätte nichts zu verheimlichen! Zudem sei ohnehin ein Journalist anwesend. So geheim könne es also nicht sein. Ich teile das nochmal Florian mit. Er verspricht nochmal nachzufragen.

19:40 Es klingelt wieder und leider bleibt es dabei. Meine Anwesenheit sei nicht möglich, weil es anders abgesprochen wurde. Ich teile Florian mit, dass ich in diesem Falle doch heim führe. László ist mehr als irritiert. Wieso wolle man mich nicht dabei haben? Ich habe keine Antwort darauf. Wir verabreden, dass ich mich morgen nach dem Ausgang des Gespräches erkundige. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es morgen doch noch zu einem Kompromiss kommt, oder aber unser Vorschlag aufgegriffen wird. László wird die Fortführung seines Hungerstreiks von dem Meeting abhängig machen. Ich schaue, wann ein letzter Zuganschluss noch nach Hagen möglich ist. Um 20:35 geht die letzte vernünftige Verbindung. Ich fühle mich nicht gut, weil ich nach Hause fahre, während László allein in der Kälte bleibt. Wir umarmen uns. Schön, einen so aufrechten Menschen kennen gelernt zu haben!

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23:19 Ich komme in Hagen an. Einer inneren Eingebung folgend, lasse ich mich vor das Theater in Hagen fahren. Ich mache ein Bild. Ich kenne den Intendanten gut, Norbert Hilchenbach, und den Verwaltungsdirektor, Michael Fuchs. Hier sitzt kein Künstler auf der Treppe im Hungerstreik. Und ich weiß auch ganz genau wieso.

Donnerstag, 17.04.2014

Nachtrag

09:56 Nach der Gesamtveröffentlichung des Reiseberichtes auf unserer art but fair Facebookseite erhalten wir zahlreiche Nachrichten, Emails und Telefonanrufe, von aktuellen und ehemaligen Ensemblemitgliedern unter John Dew. Etwa: „Ich wollte Ihnen gestern durch einen Facebook Eintrag nicht den Mut nehmen, in ein Gespräch mit John Dew zu gehen, war mir nämlich klar, dass es von seiner Seite niemals ein Einlenken geben wird.“ oder „Ich bin derzeit am Staatstheater in Darmstadt engagiert und muss László leider in vielen seiner Punkte Recht geben.“ Alle danken sie uns für den Einsatz (… alle? Eine Ausnahme gab es dann doch: Stefanie), alle anderen erklären sich mit László solidarisch, bestätigen die Vorwürfe, bitten aber um Anonymität. Diese wahren wir natürlich und verstehen diese Bitte auch nur zu gut. Wie schrieb der Staatssekretär für Kultur a.D., Herr Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, doch noch gleich 2012? Eine deutlich spürbare Atmosphäre des Misstrauens und der Angst herrsche am Staatstheater Darmstadt.

13:40 Mein Telefon. László ruft mich zurück. Er klingt sehr betrübt und deprimiert. Aus dem ca. zweistündigen Gespräch könne man folgendes Fazit ziehen: „Nothing!“ Mein Vorschlag von gestern wurde nicht einmal mehr aufgegriffen. László trifft und berät sich jetzt mit Freunden, ob er unter diesen Umständen weiter hungern will. Aber auch wenn er heute den Platz verlassen sollte, sagt er mir, ist dieser Kampf noch nicht zu Ende. Wir erörtern die Möglichkeiten einer Klage. Dann kommt schon sein Besuch und wir legen auf. Er wird sich melden.

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14:52 Gut, dass hier bald eine Ära zu Ende geht! Eine große Abschiedsfeier für den scheidenden Patriarchen? Ich würde mir an Stelle der Dienstherren sehr gut überlegen, ob ich gute Miene zum bösen Spiel machen möchte. Was würde ich in sein Personalzeugnis schreiben? „Herr Dew war bestrebt, die in seinem Theater auftretenden Probleme auf der Grundlage des in unserem Hause praktizierten Führungsstils zu analysieren und zu lösen. Das persönliche Verhalten gegenüber Kolleginnen und Kollegen war nicht frei von Beanstandungen. Herr Dew scheidet mit dem heutigen Tag aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Glück.“

Karsten Wiegand, der designierte Intendant in Darmstadt, übernimmt ein schweres Erbe.

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